Interview mit Ute Scholl

Professor Dr. Ute Scholl

Professor Scholl ist seit 2014 Professorin für Experimentelle Nephrologie und Hypertensiologie an der Universität Düsseldorf. Als Postdoktorandin verbrachte sie fast von Jahre an der Yale University.

GAIN: Was veranlasste Sie ins Ausland zu gehen und wie lange haben Sie dort gelebt?

Professor Dr. Ute Scholl: Ich bin aufgrund eines Stellenangebots aus der Genetik an der Yale University in die USA gegangen. Wichtig waren mir der Fokus der Arbeitsgruppe, der genau mein Interessengebiet traf, die sehr gute Ausstattung des Labors, vor allem aber mein Mentor, der mir als Wissenschaftler sehr imponiert hat. Mit einer kleinen Zwischenstation von 6 Monaten in Deutschland habe ich 5 Jahre in den USA gelebt.

GAIN: Was war für Ihre Rückkehrentscheidung ausschlaggebend? Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

Professor Dr. Ute Scholl: Ich bin aufgrund des NRW-Rückkehrerprogramms zum Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe nach Deutschland zurückgekehrt, das eine exzellente und mit 5 Jahren auch langfristige Förderung verspricht. Die mit dem NRW-Rückkehrerprogramm verbundenen Erwartungen haben sich auch erfüllt.

GAIN: Auf welchem Weg haben Sie Ihre Stelle in Deutschland gefunden und wie hat sich die Jobsuche gestaltet?

Professor Dr. Ute Scholl: Ich habe nach einer Finanzierung durch das Rückkehrerprogramm Dekane der NRW-Universitäten angeschrieben. Die „Jobsuche“ war gar nicht einfach, z.B. gab es die Vorstellung, ich solle – finanziert durch das NRW-Rückkehrerprogramm – in Vollzeit auf der Intensivstation als Ärztin arbeiten und „nebenher“ eine Arbeitsgruppe aufbauen. Andere Universitäten haben gar nicht erst auf meine Anfrage geantwortet oder mitgeteilt, es bestehe kein Interesse. Schließlich habe ich mich für Düsseldorf entschieden.

GAIN: Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, damit Deutschland attraktiver für Wissenschaftler wird?

Professor Dr. Ute Scholl: Meiner Meinung nach ist eine Umgebung mit sehr vielen guten Wissenschaftlern und einem regen Austausch wichtig. Das habe ich in Yale sehr genossen – exzellente Vorträge, inspirierende Gespräche.

Oft wird eine mangelnde Finanzierung beklagt, aber auch mit einer guten Finanzierung wie durch das NRW-Rückkehrerprogramm ist es schwierig, gute und zeitkritische Forschung zu machen, wenn Instrumente oder Reagenzien erst Wochen nach Bestellung eintreffen. Den Verwaltungsaufwand erlebe ich als erheblich – und in dieser Zeit kann leider Forschung nicht stattfinden.

GAIN: Wie haben Sie sich in Deutschland eingelebt? Gab es Hindernisse, die Sie in Deutschland überwinden mussten?

Professor Dr. Ute Scholl: Zunächst wurde ich in einem Personalwohnheim untergebracht, in dem sich 10 Bewohner eine Dusche und 2 Toiletten auf dem Flur teilten – das war schon ungewohnt!

GAIN: Haben Sie sich während Ihrer Zeit im Ausland vernetzt, sich mit Gleichgesinnten ausgetauscht oder an Netzwerkveranstaltungen teilgenommen?

Professor Dr. Ute Scholl: In den USA habe ich einige sehr gute Wissenschaftler kennengelernt und von diesem Austausch sehr profitiert, innerhalb der Universität, aber auch bei Konferenzen oder Kursen. Unsere Arbeitsgruppe war Teil eines „Transatlantic Network“ der Fondation Leducq, das uns die Zusammenarbeit und Treffen mit Arbeitsgruppen in Frankreich, der Schweiz und Mexiko ermöglicht hat. Außerdem war ich als DFG-Stipendiatin auf der GAIN-Jahrestagung.

GAIN: Wie haben Sie sich während Ihrer Zeit im Ausland über den Wissenschaftsstandort Deutschland informiert? Welche Medien/Netzwerke können Sie anderen empfehlen, um „up to date“ zu bleiben?

Professor Dr. Ute Scholl: Ich habe die Online-Versionen der deutschen Tageszeitungen gelesen und bekam den GAIN-Newsletter.

GAIN: Welche Hilfen hätten Sie sich bei Ihrer Rückkehr gewünscht? Welche haben Sie erhalten?

Professor Dr. Ute Scholl: Manchmal hätte ich mir mehr Unterstützung der Verwaltung erhofft. Mein Rückkehrerschock war, dass ich wie vereinbart zur Vertragsunterschrift aus den USA nach Deutschland flog und man mir mitteilte, ich sollte doch einfach an einem anderen Tag noch einmal wiederkommen, man habe gerade keine Zeit! Das habe ich gerade noch verhindern können.

Manche Regeln sind so strikt, dass sie wissenschaftliches Arbeiten fast unmöglich machen, z.B. wurde mir nicht erlaubt, auf wissenschaftliche Daten auf einem Server in den USA von meinem Dienstrechner aus zuzugreifen. Gefreut habe ich mich über gute Ratschläge von Kollegen, wie bestimmte Verwaltungshürden zu nehmen seien.

GAIN: Welche Empfehlungen möchten Sie anderen Rückkehrern geben?

Professor Dr. Ute Scholl: Ich würde mir alles sehr genau ansehen, vielleicht auch einmal hospitieren, um einen realistischen Eindruck zu bekommen.

GAIN: Worauf haben Sie sich am meisten in Deutschland gefreut? Was werden Sie vermissen?

Professor Dr. Ute Scholl: Gefreut hatte ich mich auf die Unabhängigkeit als Arbeitsgruppenleiter (wobei meine Freiheit hier durchaus begrenzt ist). Ich vermisse den direkten Austausch mit meinen wissenschaftlichen Kontakten in den USA und – wenn mein Gegenüber am Telefon laut wird – manchmal die professionelle Höflichkeit der Amerikaner.