Interview mit Nicola Fuchs-Schündeln

Professor Nicola Fuchs-Schündeln, Ph.D.

Professor Fuchs-Schündeln lehrt und forscht an der Goethe Universität Frankfurt mit dem Schwerpunkt auf Analyse des Spar-, Konsum- und Arbeitsmarktverhaltens von Haushalten sowie in der Formbarkeit von ökonomischen Präferenzen. 2009 ist sie nach einem zehnjährigen Aufenthalt in den USA mit ihrer Familie nach Deutschland zurückgekehrt.

GAIN: Warum haben Sie sich für Frankfurt entschieden?

Professor Nicola Fuchs-Schündeln, Ph.D.: Die beiden Professuren, die uns in Frankfurt angeboten wurden, passen sehr gut auf unsere jeweiligen Profile. Frankfurt ist für Forscher sowohl in meinem Forschungsschwerpunkt, nämlich der Makroökonomie, als auch im Forschungsschwerpunkt meines Mannes, der Entwicklungsökonomie, ganz klar eine der besten Universitäten in Deutschland.

Zusätzlich zu den forschungsstarken und international renommierten Kollegen, die wir in diesen Bereichen in Frankfurt antreffen werden, sind auch die Nähe zu Institutionen wie der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank, GTZ, und KfW sehr interessant. Diese sind in Bereichen tätig, die inhaltlich nahe an unserer Forschung liegen, und die räumliche Nähe lässt darauf hoffen, dass ein reger Austausch zwischen Forschung und Praxis stattfinden kann.

GAINWie schätzen Sie die derzeitigen Veränderungen der deutschen Wissenschaftslandschaft ein?

Professor Fuchs-Schündeln: Der Aufbruch, der an vielen Universitäten Deutschlands zur Zeit zu spüren ist, nicht zuletzt durch die Exzellenzinitiative bewirkt, ist sehr vielversprechend, und ich freue mich darauf, dabei mitwirken zu können. Die größere Autonomie der Universitäten unterstütze ich sehr, und mit der Rechtsform der Stiftungsuniversität ist diese Autonomie in Frankfurt besonders weit fortgeschitten. Konkret zeugt in Frankfurt z.B. der Wandel hin zur Einführung von hauptamtlichen Dekanen von dem Willen, eine Entlastung der Professoren von Verwaltungsaufgaben zu erreichen.

Der Bau des neuen Campus Westend zeugt ebenfalls von der Aufbruchstimmung, die dort herrscht. Ich mache mir allerdings keine Illusionen, dass sich in Deutschland Verhältnisse wie an amerikanischen Spitzenuniversitäten schaffen lassen, was alleine aufgrund der Finanzlage nicht möglich sein wird. Viele mögliche Verbesserungen sind allerdings auch ohne erhebliche finanzielle Mittel umsetzbar, z.B. die Unterstützung der größeren Kooperation zwischen den Lehrstühlen durch räumliche Nähe und stärkere Schwerpunktbildung.

GAIN: Wie haben Sie Ihre wissenschaftlichen Kontakte mit Kollegen in Deutschland von den USA aus gepflegt? Welche Tipps würden Sie deutschen Wissenschaftlern im Ausland geben, ihre wissenschaftlichen Netzwerke mit Deutschland aufrecht zu erhalten?

Professor Fuchs-Schündeln: Ich bin häufig zu Konferenzen nach Deutschland gefahren, und habe auch an deutschen Hochschulen vorgetragen, wenn ich einen Deutschlandaufenthalt geplant hatte. Zudem habe ich immer den Kontakt mit deutschen Wissenschaftlern gesucht, die ihr Forschungsfreisemester im Großraum Boston verbracht haben.

Mir scheint, dass der Ausbau dieser Kontakte relativ leicht ist, wenn man sich dafür offen zeigt und auch selbst aktiv wird. Einerseits habe ich diese Kontakte gepflegt, weil ich immer für eine Rückkehr nach Deutschland offen war, und diese durch Kontakte erleichtert wird. Andererseits bleibt man so auf dem Laufenden und kann sich ein besseres Bild davon machen, was einen erwarten würde, wenn man nach Deutschland zurückgehen würde. Außerdem macht es einfach Spaß, wenn man Leute mit ähnlichem Hintergrund trifft.

GAIN: Ihr Mann, Matthias Schündeln, und Sie haben beide einen Ruf an der Universität Frankfurt erhalten. Welche Erfahrungen haben Sie als Doppelkarriere-Paar bei Berufungen gemacht?

Professor Fuchs-Schündeln: Bisher haben wir nur gute Erfahrungen als Paar in der Wissenschaft gemacht. Wir sind gemeinsam ins Doktorandenprogramm in Yale aufgenommen worden, haben dann zeitgleich Stellen als Assistant Professors an der Harvard Universität erhalten, und gehen nun gemeinsam nach Frankfurt. Wenn man, wie wir, relativ verschiedene Schwerpunkte hat, in denen man sich etabliert, dann wird es vielleicht etwas einfacher.

Insgesamt glaube ich, dass es für eine Universität ein großer Vorteil sein kann, durch die Berufung eines Paares direkt zwei gute neue Mitarbeiter gewinnen zu können. Die generelle Bereitschaft zur Anstellung von Paaren wird durch unsere eigenen Erfahrungen auf jeden Fall deutlich, wenn es auch in den USA noch selbstverständlicher ist als in Deutschland.

GAIN: Wie haben Sie Familie (Kinder) und Wissenschaft in den USA unter einen Hut gebracht und was für Pläne haben Sie in Deutschland?

Professor Fuchs-Schündeln: Wir hatten das Glück, hier in den USA exzellente Kinderbetreuung gefunden zu haben, vor allen Dingen in der universitätseigenen Kindertagesstätte. Das ist gewiss eine Grundvoraussetzung für die Vereinbarkeit von Kindern und Wissenschaft. Ansonsten erlaubt die wissenschaftliche Karriere eigentlich viele Spielräume, da man doch vielfach seine Zeit selbst managen kann, erwartet aber andererseits einen sehr großen Einsatz. Wie alle berufstätigen Mütter muss ich immer mal wieder Kompromisse eingehen, um Familie und Beruf zu vereinbaren, aber beides macht mir viel zu viel Spaß, als dass ich einen anderen Weg vorziehen würde.

Was mir in den USA sehr gut gefällt, ist die Tatsache, dass die Berufstätigkeit von Müttern viel weiter verbreitet und gesellschaftlich akzeptierter ist als in Deutschland. Somit habe ich hier auch einige „Vorbilder“, die mich in meinem Weg ermutigt haben. Wir hoffen, in Deutschland ähnliche Betreuungsmöglichkeiten wie in den USA für unsere drei Söhne zu finden, nämlich Ganztagesbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen/Horten. Inwieweit sich das so umsetzen lässt, wird sich noch zeigen.

GAIN: Worauf freuen Sie sich am meisten in Deutschland? (Was werden Sie vermissen?)

Professor Fuchs-Schündeln: Ich freue mich vor allen Dingen darauf, wieder näher bei meinen alten Freunden und meiner erweiterten Familie zu sein. Ich finde es sehr spannend, mich mit meiner Erfahrung aus den USA an einer deutschen Universität einbringen zu können, bin mir aber auch bewusst, dass ich wohl gerade im Bereich der Arbeit viele Dinge vermissen werde. Die Internationalität an einer Universität wie Harvard wird mir zum Beispiel fehlen.