Interview mit Thomas Gawlowski

Dr. Thomas Gawlowski

Dr. Gawlowski hat zwei Jahre lang an der University of California mit einem Stipendium der DFG geforscht. Bei seiner Rückkehr nach Deutschland ist er gleichzeitig auch ins Forschungsmanagement der Universität Paderborn gewechselt und ist dort vor allem für Angelegenheiten der europäischen und internationalen Forschungsförderung, Repräsentation der Hochschule in internationalen und nationalen Netzwerken sowie Kontaktpflege mit der EU-Kommission und den Nationalen Agenturen verantwortlich.

GAIN: Herr Dr. Gawlowksi, Sie waren zwei Jahre an der University of California mit einem Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft tätig, haben sich 2012 jedoch dazu entschieden, nach Deutschland zurückzukehren. Weshalb sind Sie damals in die USA gezogen, wie hat sich der Prozess gestaltet und was war ausschlaggebend für Ihre Rückkehr nach Deutschland?

Dr. Thomas Gawlowski: Nach meiner Promotion am Herz- und Diabeteszentrum NRW (Ruhr-Uni Bochum) führte ich meine Projekte dort zunächst als Post-Doc fort, fasste aber schon bald den Entschluss, ins Ausland zu gehen. Um wissenschaftlich voranzukommen, aber auch weil ich meinen kulturellen und sprachlichen Horizont erweitern wollte, habe ich gemeinsam mit meiner Familie beschlossen, für eine Zeit ins möglichst englischsprachige Ausland zu gehen.

Ich recherchierte die Möglichkeiten der Finanzierung, und da wurde mir ziemlich schnell klar, dass nur ein Forschungsstipendium in Frage kommt. Ich hatte mich auch direkt auf Post-Doc-Stellen beworben, doch mit dem jeweils angebotenen Gehalt hätte meine Familie nicht mitkommen können. Nach einer weiteren Recherche nach möglichen Themen stieß ich auf die Arbeitsgruppe meines späteren Hosts in San Diego. Gemeinsam haben wir eine Idee für ein Forschungsprojekt erarbeitet und damit einen Antrag auf ein Forschungsstipendium bei der DFG eingereicht, der dann glücklicherweise auch bewilligt wurde.

Nach dem zweijährigen Aufenthalt in San Diego waren für unsere Rückkehr nach Deutschland in erster Linie private Gründe ausschlaggebend. Aber auch karrieretechnisch erschien es aus meiner Sicht sinnvoll wieder zurück nach Deutschland zu kommen. Sich wissenschaftlich zu etablieren ist nach meinem Empfinden in beiden Ländern ähnlich schwer. Allerdings, wenn es darum geht eine alternative Karriere einzuschlagen, schienen mir die Möglichkeiten in Deutschland größer zu sein als in den USA, allein schon wenn es um die Arbeitserlaubnis für mich wie auch für meine Ehefrau ging.

GAIN: Ihre Rückkehr nach Deutschland bedeutete für Sie nicht nur einen Orts-, sondern auch einen Berufswechsel: Aus dem kalifornischen Labor sind Sie ins Forschungsmanagement gegangen und heute als Mitarbeiter der Universität Paderborn im Forschungsreferat tätig. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Dr. Thomas Gawlowski: Es gab verschiedene Gründe beruflicher wie auch privater Natur für meinen Wechsel von der aktiven Forschungsarbeit zum Forschungsmanagement.

Um in Deutschland wieder anzukommen, war es natürlich wichtig eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ich habe schon vor dem Auslandsaufenthalt mit dem Gedanken gespielt, meinen weiteren beruflichen Weg im Forschungsmanagement zu suchen, sodass ich mich von San Diego aus auf wissenschaftliche als auch nicht-wissenschaftliche Stellen beworben habe. Dass ich nicht bereit für eine weitere Post-Doc-Zeit war, begrenzte die wissenschaftlichen Optionen.

In dieser Phase hatte ich die Unterstützung von GAIN und der GSO, die sehr hilfreich war und die ich jedem, der eine Rückkehr in Erwägung zieht, unbedingt empfehle. Für die Stelle an der Universität Paderborn sprach, dass wir vorher auch schon in Paderborn gelebt haben, dass die Stelle sich recht interessant angehört hat und die Anstellung unbefristet war, was nach einer langen Zeit vieler befristeter Verträge sehr attraktiv war.

GAIN: Inwiefern unterscheiden sich die zwei Berufe, wo sehen Sie Gemeinsamkeiten? Welche Skills mussten Sie neu dazulernen und bei welchen Aufgaben konnten Sie auf Werkzeuge und Kompetenzen zurückgreifen, die Sie bereits als Forscher gelernt und entwickelt haben?

Dr. Thomas Gawlowski: Oft herrscht die Meinung vor, dass man als Post-Doc nicht genügend einschlägige Erfahrung für eine Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement habe. Dies stimmt in den meisten Fällen allerdings nicht. Denn viele erwerben während ihrer Forschertätigkeit Kompetenzen im Projektmanagement, in der Führung, Selbstverwaltung, beim Schreiben von Anträgen und Publikationen etc.; dabei handelt es sich um genau die Skills, die auch im Forschungsmanagement benötigt werden. Vielen ist das nicht bewusst.

Neu war für mich die Sicht auf Forschungsprojekte aus der Perspektive einer Verwaltung. Für die Verwaltung stehen nicht die inhaltlichen Aspekte eines Projekts im Vordergrund, sondern die administrativen und juristischen. In meiner Position fungiere ich sehr oft als eine Art Übersetzer zwischen den Wissenschaftlern und den Verwaltungsmitarbeitern, weil ich beide Sichtweisen gut kenne und mich in beide gut hineinversetzen kann.

GAIN: In Ihrer Position arbeiten Sie auch viel an Strategien der Universität für Horizon 2020 und Erasmus+. Wie haben sich die deutschen Hochschulen im Allgemeinen und die Universität Paderborn im Besonderen seit 2012 geändert – vor allem bezüglich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität für deutsche Rückkehrer?

Dr. Thomas Gawlowski: Ich denke, dass das Bewusstsein an den deutschen Hochschulen, dem sogenannten „Brain Drain“ entgegenzuwirken, in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist. Das Tenure-Track wird meines Erachtens nach immer populärer. Mit dem neuen Bund-Länder-Programm soll die Tenure-Track-Professur flächendeckend an den Universitäten in Deutschland etabliert werden. Die Universitäten unternehmen Anstrengungen, sich noch internationaler aufzustellen, so werden beispielsweise immer mehr englischsprachige Studiengänge eingeführt. Allerdings ist meiner Meinung nach an vielen Hochschulen noch ganz viel Luft nach oben, was die internationale Ausrichtung angeht.

GAIN: Welche Aspekte sollten Forscher, die sich überlegen, ebenfalls einen alternativen Karriereweg einzuschlagen, besonders beachten?

Dr. Thomas Gawlowski: Die Beratungsangebote in Deutschland sind sehr vielfältig. Diese Beratungsangebote sollte man unbedingt in Anspruch nehmen. Die GAIN-Jahrestagung bietet dazu eine sehr gute Gelegenheit. Zum einen weil Workshops zu alternativen Karrieremöglichkeiten angeboten werden, zum anderen aber auch weil man direkt mit den Hochschulmitarbeitern und Vertretern von Förderorganisationen ins Gespräch kommen kann.

Außerdem sollte man auch kleinere Universitäten und Fachhochschulen in Betracht ziehen. Speziell wenn es um eine Anstellung im Bereich Forschungsmanagement geht, können kleinere Hochschulen nach meinen Empfinden mehr Gestaltungsspielraum bieten.

GAIN: Falls Sie in der Zeit 10 Jahre zurückgehen und Ihrem jüngeren Selbst drei Ratschläge geben könnten: Welche wären dies?

Dr. Thomas Gawlowski: Mir war vor 10 Jahren schon bewusst, dass eine akademische Karriere bis zur Professur in der Biologie für mich nicht ohne Schwierigkeiten zu realisieren wäre.

Mein Lebenslauf ist nicht gradlinig: Nachdem ich 1988 als 15-Jähriger von Polen nach Deutschland ohne Deutschkenntnisse umsiedelte, war mein erster deutscher Schulabschluss der Hauptschulabschluss. Als nächstes machte ich den Realschulabschluss, absolvierte eine berufliche Ausbildung zum Zahntechniker, machte dann im Alter von 26 Jahren das Abitur und nahm das Biologiestudium auf.

Das klingt vielleicht beeindruckend – die andere Seite ist jedoch, dass ich meine Promotion im Alter von 35 Jahren abgeschlossen habe. Nach weiteren 4 Jahren Post-Doc wäre zum Beispiel eine Junior-Professur oder eine Nachwuchsgruppenleitung theoretisch zwar möglich, stellt sich praktisch im Alter von fast 40 Jahren allerdings als ein Problem heraus.

Ich würde meinem jüngeren Ich raten, sich noch intensiver mit alternativen Karrieremöglichkeiten zu beschäftigen, aber dennoch den Auslandsaufenthalt zu machen. Da es in Deutschland sehr darauf ankommt, seine Kompetenzen mit Zertifikaten zu dokumentieren, würde ich ihm raten, entsprechende Fortbildungen beispielsweise im Bereich Projektmanagement, Coaching- und Führungsweiterbildungen etc. schon mal nebenher zu absolvieren.

GAIN: Gibt es noch etwas, das Sie zum Abschluss des Interviews gerne an die GAIN Community weitergeben würden?

Denjenigen, die sich für eine alternative Karriere interessieren, möchte ich Mut machen diesen Schritt zu wagen. Sie bringen viele Kompetenzen mit, wenn sie mehrere Jahre selbständig wissenschaftlich gearbeitet haben, die für einen Job im Wissenschaftsmanagement von Vorteil sind. Das Wissen für die konkrete und praktische Ausübung der Tätigkeit kann recht schnell mit Hilfe von Fortbildungen erlernt werden.